Die Rückkehr zu seinen Wurzeln hat im Leben und Werk des slowenischen Fotografen Matevž Kosterov eine Schlüsselrolle eingenommen. Nach langem Experimentieren mit avantgardistischer Modefotografie und dystopischen Stadtlandschaften wendet sich der Künstler nun der Natur und dem, was uns Menschen ausmacht, zu. Zurück in seiner Heimat bereist er die Berge und Wälder, auf der Suche nach der idealen Umgebung für seine Modelle. Wir haben uns mit Matevž über seine Leidenschaft für die Fotografie, seine Faszination für den menschlichen Körper und seine Liebe zur Natur unterhalten.

Du hast eine Zeit lang in Berlin gelebt und bist dann in dein Heimatland Slowenien zurückgekehrt. Was hat dich zu dieser Entscheidung bewegt?

Ich fing irgendwann an, die Natur zu vermissen. Das Besondere an Slowenien ist, dass man auf so kleinem Raum viele verschiedene Naturlandschaften erleben kann. Wenn du dich also zum Beispiel für eine Strandszene entscheidest, kannst du das Meer innerhalb von zwei Stunden erreichen. Oder einen Urwald oder magische Berge – Slowenien ist ein Land mit vielen interessanten Ecken, die erkundet werden wollen.

Wann hast du dich entschlossen, Künstler zu werden?

Das erste Mal, dass ich wirklich daran gedacht habe war der Moment, als ich einen Schulaufsatz zum Thema Angst schrieb. Am Ende wurde ein Sci-Fi-Roman daraus, der in einer lokalen Zeitung veröffentlicht wurde.

Warum hast du dich für die Fotografie als Hauptmedium entschieden?

Ich erinnere mich, als ich meine erste Kamera (eine Point-and-Shot-Yashica) bekommen und viel damit herumgespielt habe. So richtig Klick gemacht hat es aber erst, als mein Vater sich seine erste DSLR-Kamera gekauft hat. Ich habe ihn genau dabei beobachtet, wie er alle möglichen Fotos machte. Ich kann mich deutlich an ein Foto von Tulpen an einem warmen Frühlingstag erinnern. Er hat sich wirklich Zeit gelassen, um die Aufnahme richtig zu machen. Nachdem er sie entwickelt hatte, verliebte ich mich in all die lebhaften Farben und das sanfte Bokeh, das sie umgibt.

 
Jeder menschliche Körper ist ein Kunstwerk für sich. Es gibt so viele einzigartige Details in jedem Teil von uns.

Wie wählst du die Models und die Locations für deine Fotos aus?

Ich mochte nie wirklich, wie die Auswahl der Models in der Fashionbranche funktioniert. Es scheint, als wären sie nur ein Objekt, das man von einer Agentur abholen und mit dem man machen kann, was man will. Deshalb habe ich diesen Ansatz der Fotografie völlig aufgegeben und mich für einen anderen entschieden. Seit einem Jahr arbeite ich an zwei Aspekten, die mich begeistern: Nacktheit und Natur. Und da das Nacktsein so persönlich und intim ist, lasse ich mich als Fotograf von den Models auswählen.

Was die Locations angeht, stolpere ich mal über sie, wenn ich mit meiner Freundin unterwegs bin, mal suchen sich die Models ihre eigenen aus. Eines der Models wählte einen Ort aus, der für wilde Wölfe bekannt ist. Dort zu fotografieren fühlte sich außergewöhnlich an. Als wir anfingen, kam ihre wahre Natur mit solcher Leichtigkeit zum Vorschein. Sie bewegte sich, als wäre sie selbst ein Wolf. Aber ich denke, der wichtigste Aspekt dieser Aufnahmen ist, nicht zu viel Aufwand in sie zu stecken. Es muss sich nur richtig anfühlen.

Was fasziniert dich am menschlichen Körper und an natürlichen Landschaften?

Jeder menschliche Körper ist ein Kunstwerk für sich. Es gibt so viele einzigartige Details in jedem Teil von uns. Allein der Gedanke daran, wie diese biologischen Maschinen funktionieren, begeistert mich. Und es ist so interessant, wie sich unser Verhalten ändert, wenn wir nicht von etwas umgeben sind, das uns definiert – in einer Umgebung, die nicht von Menschen gemacht ist. Meine Heimatstadt liegt neben einem großen Waldgebiet mit vielen verschiedenen Landschaften, die ich als Kind gerne erkundete. Ich sah sie wachsen und sich mit der Zeit verändern, genau wie mein Körper. Es ist der einzige Ort, an dem ich aus meiner Sicht all die harten Dinge vergessen kann, die im Leben passieren und einfach ich selbst sein kann.

 

Stell dir vor, du könntest eine berühmte Frau irgendwo auf der Welt fotografieren. Wer und wo sollte es sein?

Ich müsste mit Grace Jones nach Madagaskar fahren, weil ich ihre starke Persönlichkeit und ihre widerspenstige Natur mag. Sie würde mir sicherlich Einiges darüber beibringen, in diesen seltsamen, egozentrischen Zeiten ich selbst zu sein. Und Madagaskar, weil seine Natur so vielfältig ist. Ich könnte endlich Lemuren in freier Wildbahn sehen.

Wenn du drei Wünsche frei hättest, welche wären das?

Mein erster Wunsch wäre, das wir wieder im Einklang mit der Natur leben, statt unseren Lebensraum zu zerstören – so wie es einst unsere Vorfahren taten und es einige indigene Gesellschaften noch heute tun. Zweitens würde ich mir wünschen, dass der ganze Müll im Ozean verschwinden könnte, einschließlich MIkroplastik. Der dritte Wunsch ist etwas egoistischer: Ich würde gern reich werden und mein Vermögen in eine bessere Zukunft für die Welt investieren… zumindest den größten Teil davon.

Danke, Matevž!

Text: Diane Mironesco

Übersetzung: Valeria Sambale