Farbenlehre: Graue Bildwelten Farbenlehre: Graue Bildwelten

Alles andere als eintönig

Alles andere als eintönig

Taupe, Greige, Anthrazit,... Grautöne befreien sich aus ihrem Schattendasein und halten wieder Einzug bei trendbewussten Interior-Liebhabern. Dass der subtile Farbton dabei weitaus aufregender ist als sein mausgrauer Ruf, beweisen freigelegte Betonwände in angesagten Bars oder die in verschiedensten Nuancen gestrichenen Altbauwohnungen, die man auf Instagram und vielen namhaften Wohnblogs finden kann. Zu Recht, denn Grau ist zeitlos, hält sich stilvoll im Hintergrund und kann vielfältig kombiniert werden.

Tauche ein in unsere Auswahl aus grauen Wandbildern und entdecke ganz neue Facetten dieser beliebten Farbe, die auf unaufdringliche Art den Ton angibt.

Eine Ode an die Selbstliebe

Die “Essential Unmentionables”-Kollektion von Victoria Verbaan besteht aus zarten Aquarellen, die die Schönheit und Sinnlichkeit des weiblichen Körpers in all seiner Pracht darstellen. Stärke trifft hier auf Zerbrechlichkeit, glühende Leidenschaft auf erhabenes Selbstbewusstsein. Die Frauen auf den Porträts haben den Mut, sich selbst zu zeigen und zu lieben – und animieren uns, es ihnen gleich zu tun. Ein Plädoyer für Selbstakzeptanz, das jedes Zuhause nicht nur um ästhetische Wanddeko, sondern auch um eine vielschichtige Botschaft bereichert.

Zwischen Stille und Bewegung

Der Verzicht von Farbe in der Fotografie ermöglicht einen Rückzug aus der unmittelbaren Realität. Zudem verschärfen Schwarz-Weiß und Grautöne Muster und Kontraste und verleihen Bildern so eine dramatische Tiefe. Durch besondere Techniken kann man diese Effekte noch verstärken. So entschied sich Martin Krystynek für sein Foto “No Limits” dafür, das Motiv zu vergrößern und die Verschlusszeit seiner Kamera zu verlängern. Das ermöglichte es ihm, eine ganz besondere Bewegung einzufangen, die vor Energie nur so sprüht.

Reza Vaezpours “Spiral” profitiert hingegen von einem größeren Bildausschnitt und einer Verkürzung der Verschlusszeit. So können wir als Betrachter an der Bewegung der Menschenmenge teilhaben und erhalten den Eindruck, die Zeremonie hautnah mitzuerleben.

Auch Architekten nutzen die Technik des Weglassens und entscheiden sich oftmals für rohe Betonwände, um das Wesen ihrer Entwürfe besser hervorzuheben. So zeugen die Designs der Architektur-Koryphäen Le Corbusier oder Mies van der Rohe von einer minimalistischen Eindrücklichkeit, die auch in Olavo Azevedos “White Wall”-Wandbild wunderbar zum Ausdruck kommt.

Die von Chris Leontarakis aufgenommene “Cage”-Fotografie lebt ebenfalls von ihrer Schwarz/Weiß/Grau-Kolorierung, die die architektonischen Details vorteilhaft hervorhebt. Doch nicht nur modernistische Gebäude kommen so eindrucksvoll zur Geltung. Auch die von Ali Khataw eingefangene Moschee besticht durch Graunuancen, die die unebene Struktur der Wände perfekt herausarbeiten, während H.W. Hawerkamp die floralen Feinheiten der "Sheik Zayed Mosque" poetisch in Szene setzt.

Grau als Farbverstärker

Wenn auch du auf der Trendwelle reitest und deine Wände bereits in Zement- oder Schiefertönen gestrichen hast, empfehlen wir dir, kleine zusätzliche Farbakzente einzusetzen. Perfekte Pendants zum zurückhaltenden Grau sind dabei pudriges Rosa, Senfgelb oder Türkisblau, die ihm mehr Tiefe und Ausdruckskraft verleihen.

Einige Künstler setzen bewusst auf Grau, Schwarz oder Weiß, um andere Farben in ihren Arbeiten besser zur Geltung kommen zu lassen. So leuchtet das Gelb des Rapsfelds in "Grey Sky Meets Yellow Fields" durch den Kontrast zu dem düsteren Himmel besonders hell, während Froilein Juno die Methodik umkehrt und den farbintensiven Himmel ihres “Cacti 01”-Bilds durch die grauen Kakteen im Vordergrund erstrahlen lässt.

Text: Caroline Lacaille 

Übersetzung: Ina Schulze